Erfurt. Ein 39-jähriger Mann wird getötet, der mutmaßliche Täter ist auf der Flucht. Anwohner fragen sich: Was ist aus unserer Gegend geworden?

Eine halbe Stunde vor Mitternacht sind offenbar mehrere Schüsse im Norden Erfurts zu hören. Ein 39-jähriger Mann wird tödlich getroffen. Die Polizei rückt mit einem Großaufgebot im Areal rund um den Karl-Reimann-Ring und die Bonhoefferstraße an. Blaulicht flackert, Absperrbänder werden ausgerollt und der Tatort weiträumig gesichert.

LKA und Mordkommission sind vor Ort

Expertinnen und Experten der Spurensicherung beginnen ihre Arbeit. Die Tatortgruppe des Landeskriminalamtes ist genauso bei der Arbeit wie die Thüringer Mordkommission. Aus Jena kommen Mitarbeiter der Rechtsmedizin. Es gilt, schnell eine erste Antwort auf die Todesursache und die Umstände der tödlichen Schüsse zu erhalten. Auch Spezialkräfte des LKA sind im Einsatz. Es ist ungewiss, wo sich der mutmaßliche Täter befindet. Er könnte weiterhin bewaffnet sein. Spürhunde versuchen, seiner Fährte zu folgen.

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Tödliche Schüsse statt Feuerwerk

Nur wenige Einwohner sind an diesem heißen Donnerstagvormittag in der Gegend unterwegs, führen ihre Hunde aus, tragen Einkäufe nach Hause. Einige wollen die Schüsse gehört haben in der Nacht. Zwei oder drei, die Angaben gehen auseinander. Das Echo zwischen den Plattenbauten könnte den Eindruck verfälschen. „Ich dachte erst, wer wirft denn hier schon wieder mit Knallern. Das passiert hier ja öfter mal“, sagt einer.

Spezialkräfte durchsuchen die Gegend. Der Täter ist auf der Flucht, womöglich bewaffnet.
Spezialkräfte durchsuchen die Gegend. Der Täter ist auf der Flucht, womöglich bewaffnet. © Funke Medien Thüringen | Marco Schmidt

Sicherheitsvorkehrungen am Kindergarten

Bei vielen Anwohnern herrscht Verunsicherung. Der Tatort befindet sich unmittelbar neben der Gemeinschaftsschule, sie ist wegen der Ferien freilich verwaist. Am Kindergarten „Spatzennest“ holen Eltern ihre Kinder ab. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden verschärft, das Gelände abgeschlossen. Eltern müssen sich vorher telefonisch melden, wenn sie ihre Kinder in Empfang nehmen wollen.

Messervorfall vor wenigen Wochen

Erst vor wenigen Wochen gab es einen Zwischenfall auf dem Spielplatz ganz in der Nähe. Zwei Männer gerieten in Streit, einer zückte ein Teppichmesser. In seiner Wohnung fand die Polizei später eine Machete. Aber so etwas? Ein Mord auf offener Straße? „Ich wohne schon 28 Jahre hier, das war immer recht ruhig hier. Aber in letzter Zeit mache ich mir Sorgen“, sagt eine Frau.

Auf diesem Weg neben dem Schulgelände wird die Leiche des 39-jährigen Opfers gefunden.
Auf diesem Weg neben dem Schulgelände wird die Leiche des 39-jährigen Opfers gefunden. © Funke Medien Thüringen | Marco Schmidt

Polizei durchsucht zwei Wohnungen

Die Leiche des Opfers wird noch am Morgen zur Rechtsmedizin nach Jena abtransportiert und obduziert. Die Polizei hat sich am Vormittag auch die Wohnung des Getöteten genau angesehen. Am Karl-Reimann-Ring wird noch eine zweite Wohnung durchsucht. Es könnte die Wohnung des flüchtigen Täters sein. Mit verlässlichen Auskünften halten sich die Ermittler und die Staatsanwaltschaft vorerst zurück.

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Ein Deutscher, dem Namen nach

„Das ist ja wie in Chicago hier“, sagt ein Mann, der sich zu einem Schwatz unter Nachbarn auf einer Bank niedergelassen hat. Vor dem Haus, in dem die Polizei gerade die Wohnung des mutmaßlichen Tatverdächtigen durchsucht. Ja, ja, sagt er. Den kennen sie vom Sehen her, ein Mann vielleicht Mitte 40, ein Deutscher, dem Namen nach zu urteilen, sagt der Anwohner.

Nach Informationen dieser Zeitung könnte die Tat im Zusammenhang mit Drogengeschäften gestanden haben. Sowohl der Tatverdächtige als auch Opfer seien einschlägig in diesem Bereich bekannt und vorbestraft. Es wäre nicht die erste schwere Gewalttat im Kontext der Drogenkriminalität in Erfurt in diesem Jahr. Im Frühjahr erregten zwei Messerstechereien in der Schmidtstedter Straße und an der Reglermauer öffentlich Aufmerksamkeit.

Zeugen werden gesucht

Gegen Mittag ist das Gros der Absperrung aus der Nacht wieder verschwunden, haben sich die meisten Polizeikräfte aus der Gegend wieder zurückgezogen. Nur dort, wo noch Durchsuchungen laufen, parken Einsatzfahrzeuge. Auch die Spürhunde suchen weiterhin nach Hinweisen auf dem Fluchtweg des mutmaßlichen Todesschützen. Die Staatsanwaltschaft bestätigt Ermittlungen wegen eines „vollendeten Tötungsdelikts“. Die Fahndung nach dem mutmaßlichen Täter läuft weiter auf Hochtouren. Zeugen sollen sich bei der Polizei melden. Die Telefonnummer lautet: 08000 8855110.