Gera. Ein Kommentar von Pfarrer Andreas Schaller aus Gera

Gedanken zum Wochenende von Pfarrer Andreas Schaller aus Gera

In einer alten Fabel wird erzählt, dass die Sorge einst übers Land ging und einen Klumpen Ton fand. Sie nahm ihn und formte so vor sich hin. Da kommt der alte Jupiter vorbei und die Sorge bittet ihn, diesem Stück Erde Leben zu geben. Jupiter haucht es ihm ein. Doch kaum hat dieses Wesen zu atmen begonnen, da geraten die beiden in Streit darüber, wem es nun gehöre. Weil sie sich nicht einigen können, rufen sie Saturn dazu. Er soll ihren Streit schlichten. Saturn kommt zu einer Entscheidung.

Der Newsletter für Gera

Alle wichtigen Informationen aus Gera, egal ob Politik, Wirtschaft, Sport, Kultur oder gesellschaftliches Leben.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Du, Jupiter, hast ihm Leben und Geist gegeben, also gehört dir nach seinem Tode sein Geist. Du, Erde, hast ihm den Leib gegeben, also sollst du auch seinen Körper am Ende zurückbekommen. Weil aber die Sorge dieses Wesen gebildet hat, soll sie es begleiten dürfen, solange das Wesen lebt. Na toll.

Sorge als Teil unseres Lebens

Jetzt weiß ich, warum mir die Sorge ständig an der Backe hängt. Solche Fabeln bringen immer eine Grunderfahrung auf den Punkt, die Menschen gerade jetzt und wohl zu allen Zeiten bestätigen können. Seit wir denken können, ist die Sorge ein Teil unseres Lebens. Denn es gibt wohl nichts, worüber man sich in diesen Zeiten nicht sorgen könnte.

Das Blöde daran ist, dass die Sorge, die eigentlich dazu da ist, mein Leben zu schützen, selbst zur Bedrohung werden kann. Denn sie neigt dazu, unkontrolliert zu wuchern. Es ist wie mit der Hecke meines Nachbarn: Wenn der sie ihren eigenen Kräften, ihrem eigenen Wachstum überlässt, dann treibt sie in alle Richtungen, ihre Triebe verwildern; und ehe er es sich versieht, ist sie ihm über den Kopf gewachsen.

Auch die Sorge kann sich so sehr vermehren, dass mein ganzes Vertrauen in die Zukunft, meine Lebensfreude, meine Kraft unter ihr ersticken. Als ich meinem Nachbarn meine tiefen Gedanken mitteilen wollte, hat er mir wortlos eine seiner Scheren gereicht und wir haben beide seine Hecke gestutzt.

Die Bibel hat auch eine Heckenschere – sie schreibt:

Alle eure Sorge werft auf ihn. Denn er, Gott, sorgt für euch. (1.Petrusbrief)

Damit rücke ich meiner Sorgenhecke zu Leibe. Schön zurechtstutzen und beherzt zurückschneiden. Kürzen auf ein verträgliches Maß.

Weitere Nachrichten aus der Stadt Gera:

Weitere Nachrichten aus der Stadt Gera