Greiz. Bundestag und Bundesrat haben die Einführung der Bezahlkarte für Flüchtlinge gebilligt. Deutschlandweit gilt nun, was in zwei Thüringer Landkreisen seinen Ursprung hatte. Nils R. Kawig kommentiert.

Sie wollte keine Vorreiterin sein, ist es aber doch geworden. Martina Schweinsburg (CDU) hat als Landrätin im Landkreis Greiz eingeführt, was am Freitag bundesweit zum Gesetz wurde: die Bezahlkarte für Flüchtlinge.

Allem Anschein nach war die „ewige Landrätin“ ihrer Zeit voraus, als sie die Bezahlkarte am 1. Dezember 2023 herausgab. Oder sie hatte einfach die Nase voll von jener endlosen Debatte über Sinn und Unsinn einer solchen Maßnahme. Zupackend und forsch, wie man sie kennt, machte sie Nägel mit Köpfen. Ähnlich agierte zu der Zeit ihr Parteikollege Werner Henning (CDU) am anderen Ende des Freistaates: Auch er führte die Bezahlkarte im Eichsfeld ein.

Bezahlkarte: So viele Asybewerber haben Thüringen verlassen

Große Überraschung: 35 von 135 geduldeten Asylbewerbern reisten alsbald aus dem Eichsfeld ab. Ähnliche Erfahrungen machten die Greizer während der ersten Monate.

Nils R. Kawig ist Chefredakteur der Ostthüringer Zeitung.
Nils R. Kawig ist Chefredakteur der Ostthüringer Zeitung. © FUNKE | OTZ

Und so muss sich im fernen Berlin der Eindruck verfestigt haben, dass das Einführen einer Bezahlkarte einerseits zumutbar für die Betroffenen ist, andererseits aber auch Wind aus den Segeln politischer Extremisten nimmt. Deren Hauptargument, Flüchtlinge bereicherten sich auf Kosten des deutschen Staates und schickten Bargeld in ihre Herkunftsländer, lief plötzlich ins Leere.

Landrätin definiert, was konservativ bedeutet

Es ist nicht das erste Mal, dass Martina Schweinsburgs innerer Seismograph zur richtigen Zeit ausgeschlagen hat. Das macht sie für die CDU manchmal anstrengend, aber auch wertvoll. Was konservativ bedeutet, wird offensichtlich seltener im Konrad-Adenauer-Haus und häufiger in Greiz definiert.

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