Berlin/Bad Oeynhausen. Nach der Gewalttat von Bad Oeynhausen fordert der Bürgermeister Konsequenzen. Klare Forderungen richtet der CDU-Politiker an den Bund.

„Bei den Menschen in meiner Stadt herrschen Fassungslosigkeit und tiefe Trauer“, sagt Lars Bökenkröger. „Die Bürgerinnen und Bürger beschäftigen die Gewalttat und der Tod des jungen Mannes sehr“, sagt der Bürgermeister von Bad Oeynhausen dieser Redaktion. „Wir sind eine Kurstadt mit vielen Besuchern von außerhalb, so etwas kennen wir eigentlich gar nicht.“ Seit dem Wochenende gibt es nur ein Thema in der nordrhein-westfälischen Stadt: der gewaltsame Tod von Philippos T. 

Der 20-Jährige besucht am Wochenende den Abiball seiner Schwester. Nach Mitternacht kommt es zu einem Streit mit einer Gruppe junger Männer. Ein 18-Jähriger geht nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittler auf Philippos los und greift ihn frontal an. Philippos stürzt auf den Hinterkopf, der Angreifer soll aber nicht von ihm abgelassen haben, er schlägt offenbar noch mehrfach mit der Faust gegen den Kopf seines Opfers. Die Obduktion ergab nach Angaben der Ermittler am Donnerstag, dass der junge Mann „infolge der multiplen stumpfen Gewalteinwirkung gegen seinen Kopf verstarb“.

Das Herz von Philippos T. soll weiterschlagen

Die deutsch-griechisch-polnische Familie des Opfers erfährt in Bad Oeynhausen große Anteilnahme. Zu einer Trauerfeier am Mittwoch kamen etwa 700 Menschen, sie legten Blumen und Kuscheltiere am Tatort nieder, zündeten Grablichter für Philippos an. „Sein Leben ging doch gerade erst los“, sagte Philippos‘ Vater Dimitri der „Bild“-Zeitung. In seiner Freizeit machte Philippos Musik, gerade hatte er eine eigene Wohnung bezogen und eine Ausbildung zum Hotelfachmann anfangen.

Ihr Sohn sei umgebracht worden. „Knallhart“, sagte die Mutter dem Sender RTL. „Da hat sich keiner Gedanken gemacht.“ Das Herz von Philippos soll nach seinem Tod weiterschlagen. Seine Familie hat sich für eine Organspende entschieden, nachdem die Ärzte den jungen Mann am Dienstag infolge seiner schweren Kopfverletzungen für hirntot erklärt hatten.

Bad Oeynhausens Bürgermeister berichtet von aggressiver Stimmung

Philippos T. starb an seinen schweren Verletzungen.
Philippos T. starb an seinen schweren Verletzungen. © privat | Privat

Die Trauer und der Schmerz der Angehörigen dürften in der öffentlichen Betrachtung der Gewalttat nun allerdings schnell in den Hintergrund treten. Aufgrund der Berichte über die syrische Herkunft des Täters sei die Stimmung „teilweise aggressiv“, berichtet Bürgermeister Bökenkröger. „Das sehe ich auch, wenn ich einen Blick in mein Mailpostfach werfe und die Zuschriften lese, die ich in den letzten Tagen bekommen habe. Das ist schon heftig, wie sich die Stimmung geändert hat, nicht nur hier, sondern im ganzen Land.“

Getöteter Philippos T.: Neue Details zu mutmaßlichem Täter

Unter dem Stichwort „Migrantengewalt“ hatte die AfD-Vorsitzende Alice Weidel als erste Politikerin die Ereignisse aufgegriffen und auf X (vormals Twitter) gefordert, die Täter abzuschieben. Bei der Familie des Opfers rief Weidel damit Empörung hervor. „Wir dürfen nicht zulassen, dass die rechte Ecke den Tod meines Neffen ausschlachtet und mit ihm Politik macht“, sagte der Onkel des Opfers der „Neuen Westfälischen“-Zeitung. „Es war abscheulich zu sehen, wie sich Alice Weidel eine Träne aus den Augenwinkeln wischte, als sie über meinen Neffen sprach.“

SPD-Bundestagsabgeordneter warnt vor pauschaler Verurteilung ganzer Bevölkerungsgruppen

Auch der örtliche SPD-Bundestagsabgeordnete Stefan Schwartze warnt davor, als Reaktion auf die Tat ganze Bevölkerungsgruppen pauschal an den Pranger zu stellen. „Ich bin fest davon überzeugt, dass die Ermittlungsbehörden alles tun werden, um die Tat aufzuklären und die Täter schnell zu fassen“, sagt Schwartze dieser Redaktion. „Traurig macht mich hingegen, dass die Tat einmal mehr dazu benutzt wird, ganze Bevölkerungsgruppen pauschal zu verurteilen.“

Der SPD-Politiker fügte hinzu: „Das ist armselig, bringt das Opfer nicht zurück, hilft der Familie nicht und spaltet die Gesellschaft weiter. Bestrafen wir die Täter, aber stellen wir keine Unbeteiligten an den Pranger.“

Im Kurpark von Bad Oeynhausen ereignete sich die tödliche Gewalttat gegen einen 20-Jährigen.
Im Kurpark von Bad Oeynhausen ereignete sich die tödliche Gewalttat gegen einen 20-Jährigen. © picture alliance / Jochen Tack | Jochen Tack

Der CDU-Politiker Bökenkröger fordert als Reaktion auf das traurige Ereignis in seiner Stadt Konsequenzen in der Migrationspolitik.. Der Tod von Philippos sei schließlich kein Einzelfall. „Zuletzt hat uns der Messerangriff von Mannheim erschüttert. Darüber müssen wir offen diskutieren und Konsequenzen ziehen.“

'Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion

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Für den Bürgermeister ist klar: „Wer bei uns Menschen umbringt, muss Deutschland verlassen.“ Das seien aber Entscheidungen, die auf der Bundesebene endlich getroffen werden müssten. „Die Probleme der Migration dürfen nicht auf den Kommunen abgewälzt werden. So wie bisher kann es nicht weitergehen.“

Der festgenommene 18-Jährige wurde am Donnerstagnachmittag der zuständigen Haftrichterin des Amtsgerichts Bielefeld vorgeführt. Diese erließ nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft einen Untersuchungshaftbefehl wegen vollendeten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Zu den Vorwürfen äußerte sich der Beschuldigte demnach nicht.

Nach tödlichem Angriff in Bad Oeyenhausen: Mutmaßlicher Haupttäter festgenommen

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