Berlin. Gewerkschaften, Sozial- und Umweltverbände fordern die Regierung zur Kurskorrektur auf. Sie befürchten diese drastischen Auswirkungen.

Mit einem dringenden Appell hat ein Bündnis aus Gewerkschaften, Sozial- und Umweltverbänden die Bundesregierung aufgefordert, die angekündigten Kürzungen für den Haushalt 2025 abzuwenden, die Schuldenbremse zu reformieren und alle Möglichkeiten für eine weitere Kreditaufnahme auszuschöpfen. „Wir sind zutiefst besorgt über die drohenden Kürzungen und rufen Sie auf, Ihren Kurs zu korrigieren“, mahnen die Unterzeichner in einem offenen Brief an die Ampelkoalition, der dieser Redaktion vorliegt.

Streit um Haushalt: Kürzungen würden diese Bürger besonders hart treffen

Alle Möglichkeiten für eine erweiterte Kreditaufnahme müssten ausgeschöpft und die angekündigten Kürzungen abgewendet werden. „Die notwendige Reform der Schuldenbremse darf nicht länger blockiert werden“, heißt es in dem Brief. Es brauche eine Finanz- und Haushaltspolitik, „die die aktuellen nationalen und internationalen Herausforderungen anerkennt, den sozialen Zusammenhalt stärkt und mutig in die Zukunft investiert“.

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„Lassen Sie nicht länger zu, dass notwendige Investitionen in Klimaschutz, die soziale Sicherung, Demokratieförderung oder zur Sanierung der öffentlichen Infrastruktur gegeneinander ausgespielt werden. Das fördert die Entsolidarisierung unserer Gesellschaft und spielt den Feinden unserer Demokratie in die Hände.“ Insgesamt haben 15 Organisationen aus Gewerkschaften, Umwelt- und Sozialverbänden, kirchlichen Einrichtungen, Mieterbund und Kulturrat den Appell an den Bundeskanzler, Vizekanzler und Bundesfinanzminister unterschrieben – darunter der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die AWO, Klima-Allianz und Greenpeace.

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    In der Ampelkoalition herrscht angesichts knapper Kassen seit Monaten ein Streit über den Haushaltsetat für das kommende Jahr. Umstritten sind neben der Schuldenbremse unter anderem die Höhe von Sozialleistungen, Infrastrukturinvestitionen sowie Ausgaben für die Verteidigung. In dem Etat klafft noch eine zweistellige Milliardenlücke. Wegen des ungelösten Streits wird das Kabinett den Haushaltsentwurf voraussichtlich nicht wie vorgesehen am 3. Juli verabschieden, sondern zu einem noch nicht bekannten späteren Zeitpunkt. Im Dezember soll er im Bundestag beschlossen werden.  

    Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) pocht auf die Einhaltung der Schuldenbremse.
    Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) pocht auf die Einhaltung der Schuldenbremse. © Jens Kalaene/dpa | Unbekannt

    Aus Sicht der Unterzeichnenden würden die vorgesehenen Kürzungen vor allem jene Bürger besonders hart treffen, für die sich der finanzielle Druck aufgrund der Krisen der vergangenen Jahre bereits deutlich erhöht habe. „Ein Fünftel der Bevölkerung ist bereits heute von Armut bedroht und kann weitere Einschnitte nicht mehr auffangen“, mahnen die Organisationen. „Aber auch darüber hinaus, bis in die Mittelschicht hinein, sind gestiegene Mieten, Lebensmittel- und Energiepreise zu einer Belastung geworden.“

    Die Unterzeichner fordern die Regierung auf, anstatt Ausgaben zu kürzen, „die Handlungsfähigkeit unseres Staates zu erhalten“. Angesichts des massiven Investitionsstaus in den Bereichen Infrastruktur, Digitalisierung, Bildung und Kultur, Gesundheitswesen sowie bezahlbarer Wohnraum brauche es eine bedarfsgerechte Steigerung der öffentlichen Investitionstätigkeit. Hinzu kämen die steigenden Bedarfe für sozial gerechten Klimaschutz und Klimaanpassung. „Dies macht es notwendig, Zukunftsinvestitionen von der Schuldenbremse auszunehmen und per Kreditaufnahme zu finanzieren.“