Erfurt. Über Cristiano Ronaldo – einen Musterprofi und Rekordsammler.

Was Rafael Leão am 12. Juni 2004 unternommen hat, weiß er vielleicht selbst nicht mehr so genau. Womöglich hat er sich noch über Geschenke zu seinem fünften Geburtstag zwei Tage zuvor gefreut. Was Cristiano Ronaldo an jenem Tag in Porto machte, daran erinnert sich halb Portugal. Im Eröffnungsspiel der Euro im eigenen Land verschuldete er den Elfer zur Auftakt-Niederlage, erzielte beim 1:2 gegen Griechenland sein erstes EM-Tor. Dass er 20 Jahre später zusammen mit dem 14 Jahre jüngeren Angreifer Leão stürmt, verblüfft genauso, wie es Kritiker straft. Vor allem wirkt es aus der Zeit gefallen.

Schneller, dynamischer, athletischer: Im Zeitalter des Turbo-Kapitalismus hat der Fußball aufgedreht. Zeit und Raum verdichten sich, erfordern heute beinah doppelt so viele Sprints wie einst, als sich König Rehhagels Griechen 2004 zu Europas Thron verteidigen konnten.

Es spricht für Ronaldo, dass er mit 39 Jahren gegen Kontrahenten antritt, die mitun­ter halb so alt sind. Er, der zur Regeneration den Gang in die hauseigene Eiskammer pflegen soll, verkörpert eine frostsichere wie hitzeunempfindliche Marke, der weder Winter noch Wüste etwas anzuhaben scheint.

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Mancher hat sich abgearbeitet an dem Musterprofi aus Funchal und mit seinem Wechsel nach Saudi-Arabien den baldigen Abschied erwartet. Der 2004 teuerste Fußball-Teenager aber spielt als bestbezahlter Profi mit fast vierzig sagenhafterweise auf Top-Niveau.

Ob er seinen Teamgefährten Pepe mit 41 Jahren noch als ältesten EM-Spieler 2028 ablösen wird, scheint für den Moment schwer zu glauben – und doch nicht ausgeschlossen zu sein. Eine weitere Bestmarke ist näher. Ein Tor fehlt ihm noch zum ältester EM-Torschützen.

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Dass der Rekordsammler mit einem Hang zur Selbstinszenierung dem kleinen Flitzer Berat einen Selfie-Moment schenkt und das Ballmädchen umarmt, macht ihn sympathisch, gewiss aber keinen Deut ungefährlicher für die Konkurrenz.

Deren Augen schauen auf Offensivstars wie Rafael Leão, trotz Sperre, auf Bernardo Silva, sie fürchten dennoch Ronaldos Ballkontakte.

Steffen Eß über Cristiano Ronaldo – einen Musterprofi und Rekordsammler.
Steffen Eß über Cristiano Ronaldo – einen Musterprofi und Rekordsammler. © Sascha Fromm | Sascha Fromm