Berlin. Nach langer Skepsis gibt es grünes Licht für den Einstieg der Kranich-Airline bei der italienischen Fluglinie. Verbraucherschützer warnen.

Schlicht „Volare“ (italienisch „fliegen“) heißt das Loyalitätsprogramm der Ita. Die versprochene italienische Leichtigkeit dürfte der kriselnden Staatsairline längst abhandengekommen sein, schließlich hat die Ita schmerzhafte Sparrunden bei Flotte und Personal hinter sich. Auch um nicht noch stärker im wettbewerbsintensiven Heimatmarkt aufgerieben zu werden, wollte sich die Airline an die deutsche Lufthansa andocken. Dafür gab es nun endlich grünes Licht aus Brüssel.

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Nach langer Prüfung erlaubte die Europäische Kommission am Mittwoch den Einstieg bei Ita. Vorher müssen noch Auflagen erfüllt werden. Lufthansa-Vorstandschef Carsten Spohr nannte die Entscheidung eine „hervorragende Nachricht“ auch „für alle Passagiere von und nach Italien“. „Die Entscheidung ist auch ein klares Signal für einen starken Luftverkehr in Europa, der sich im globalen Wettbewerb erfolgreich behauptet“, sagte Spohr.

Langes Tauziehen um Ita: Lufthansa hat Erfahrung mit Staatsairlines

Die Verhandlungen und Prüfungen um den Einstieg des umsatzstärksten Luftverkehrskonzerns Europas bei der bisherigen italienischen Konkurrenz ziehen sich schon seit mehr als einem Jahr hin. Die Italia Trasporto Aereo (Ita) ging 2020 aus der staatlichen Fluglinie Alitalia hervor, die immer wieder in schwere Turbulenzen geraten war. Zurzeit hat das Unternehmen noch etwa 4500 Beschäftigte. Der Lufthansa-Konzern zählt aktuell fast 99.000 Angestellte und hat in der Vergangenheit mit Swiss, Austrian und Brussels Airways bereits drei frühere Staatsairlines integriert.

Lufthansa darf italienische Staatsairline Ita übernehmen

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    Lufthansa übernimmt nun zunächst bis zum Jahresende für eine Kapitaleinlage von 325 Millionen Euro 41 Prozent der Anteile an der ehemaligen Alitalia. Im Laufe der nächsten Jahre könnte es dann auch zur kompletten Übernahme kommen.

    Ita: Luftfahrtexperte sagt, was Einstieg für die Ticketpreise bedeutet

    Luftfahrtexperte Cord Schellenberg nannte den Deal gegenüber unserer Redaktion einen für Lufthansa großen Schritt, „um einen weiteren wirtschaftlich bedeutenden Markt in der EU für sich zu gewinnen“. Gleichzeitig sieht er eine Herkulesaufgabe auf den deutschen Konzern zukommen – denn die Vorgängergesellschaft Alitalia war „chronisch defizitär“, so Schellenberg. „Auch hat man es bereits von 2009 bis 2011 mit einer eigenen Airline-Tochter namens Lufthansa Italia in Mailand-Malpensa versucht – und ist gescheitert“, gibt der Experte zu bedenken.

    Die Passagiere hingegen bräuchten sich zunächst keine Sorgen zu machen, so der Luftfahrtkenner. „Da Easyjet und Ryanair in Italien stark sind, sehe ich auf Europastrecken genügend Wettbewerb, damit Lufthansa die Preise nicht nach Belieben hochschrauben kann“, sagt er. Für Flugreisende gebe es dank zahlreicher Umsteigemöglichkeiten auf anderen europäischen Flughäfen zudem „genügend Möglichkeiten, attraktive Flüge zu buchen“, so Schellenberg.

    Lufthansa steigt bei Ita ein: Verbraucherschützer äußern Besorgnis

    Besorgt äußerte sich hingegen der Europäische Verbraucherverband (Beuc). „Wir vertrauen darauf, dass die Entscheidung der Kommission, wie Vizepräsidentin Vestager sagte, tatsächlich verhindert hat, dass die Fluggäste auf den betroffenen Strecken mehr bezahlen müssen. Leider lässt die derzeitige Unklarheit befürchten, dass die Verbraucher den Preis für diese Fusion in Form von höheren Flugpreisen, einer geringeren Auswahl an Strecken und schlechteren Dienstleistungen zahlen könnten“, hieß es in einem am Mittwoch veröffentlichten Statement.

    Bevor der Einstieg von Lufthansa bei Ita vollzogen werden kann, müssen noch einige Bedingungen erfüllt werden. Die Wettbewerbshüter aus Brüssel machen unter anderem zur Voraussetzung, dass die Partner Start- und Landerechte in Mailand-Linate abgeben sowie neuen Wettbewerbern auf der Mittel- und Langstrecke Starthilfe geben. Zudem soll es auch Verhandlungen mit Konkurrenten geben.

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    Details zu den Zugeständnissen der Lufthansa seien der Kommission zufolge vertraulich. Zunächst könnten sich dazu nur die Airlines äußern. Sie könne aber versichern, so eine Sprecherin der Kommission, dass es Abhilfemaßnahmen für alle Strecken gebe, bei denen die Wettbewerbshüter Bedenken haben. „Leider kann ich jetzt nicht auf die Anzahl dieser Strecken oder die genauen Verbindungen eingehen“, so die Sprecherin in Brüssel.

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    Für die betroffenen Kurzstreckenverbindungen soll ein Konkurrent oder mehrere Konkurrenten für mindestens drei Jahre ebenfalls Flüge anbieten. Bei den Langstrecken soll es laut Kommission entweder einen neuen Anbieter geben, der bestehende Ita-Flüge zwischen Italien und den USA und Kanada anbietet oder übernimmt. Oder es soll zwei verbesserte indirekte Verbindungen mit nur einem kurzen Zwischenstopp geben. Vom Verbraucherverband Beuc hieß es hingegen weiter, Brüssel müsse die Interessen von Verbrauchern schützen und nicht die der großen Unternehmen. In einem Bericht hatte die Kommission zuletzt selbst vor Schäden durch unzureichenden Wettbewerb in Europa gewarnt.

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    Mit der Genehmigung aus Brüssel schreitet die Konzentration der europäischen Luftfahrt jedoch vorerst weiter voran. Auch Lufthansa-Konkurrenten wollen kleinere Gesellschaften übernehmen. So hat der IAG-Konzern um British Airways und Iberia bei der EU die Übernahme der spanischen Air Europa beantragt, Air France-KLM will bei der skandinavischen SAS einsteigen. Portugal sucht noch für seine TAP nach einem Anschluss bei einem größeren Konzern.

    Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hält den Einstieg der Lufthansa bei ITA für eine gute Nachricht für den Wirtschafts- und Luftfahrtstandort Deutschland. „Der Luftverkehrsmarkt ist weltweit hart umkämpft. Wir brauchen starke Airlines, um im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu sein“, sagte Wissing unserer Redaktion. „Die Beteiligung an ITA ermöglicht es der Lufthansa, ihre Marktposition zu festigen und weiter auszubauen.“ Davon profitierten die deutsche Wirtschaft sowie die Passagiere.

    Auch der CDU-Verkehrspolitiker Christoph Ploß begrüßte die Entscheidung der Kommission. „Damit der deutsche Luftfahrtstandort auch endlich durch die deutsche Bundesregierung gestärkt wird, muss die durch die Ampelkoalition beschlossene Erhöhung der Luftverkehrssteuer zurückgenommen werden“, forderte er. Die höhere Abgabe verteuere nicht nur das Reisen, sondern beeinträchtige auch die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Fluggesellschaften und Flughäfen enorm.