Erfurt. Wie die Band Keane nach 20 Jahren einen Tiktok-Trend landet und fast für den Film „Tatsächlich Liebe“ einen Soundtrack beigesteuert hätte. Christian Werner über das Album „Hopes and Fears“.

Nunmehr 20 Jahre nach seiner Veröffentlichung geht „Somewhere only we know“ viral: Der Song der britischen Band Keane wurde mehr als eine Milliarde Mal auf Spotify gestreamt und auf Social-Media-Kanälen wie Instagramm, vor allem aber Tiktok, wird der hymnische Track aktuell gern als Untermalung für Clips mit rührseligen Inhalten genutzt: Tiertragödien oder Kindervideos stolzer Eltern.

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Keane ist trotzdem kein One-Hit-Wonder, auch wenn der Reflex naheliegt. In ihrer Heimat füllen sie dieses Jahr unter anderem Arenen, in den USA bespielen sie prominente Venues. Die aktuelle Tour der Band feiert ihr Debütalbum „Hopes and Fears“ aus dem Jahr 2004. Für einen Moment war Keane damals die Band der Stunde – bis heute hat die Platte mehr als zehn Millionen Exemplare verkauft.

Zu spät für Britpop, zu früh für Gitarrenbands

Rückblickend war das Trio um Hauptsongschreiber und Keyboarder Tim Rice-Oxley, Sänger Tom Chaplin und Schlagzeuger Richard Hughes zu spät für die zweite Welle an Britpop-Bands wie Travis oder Coldplay und etwa ein Jahr zu früh für die eher Gitarren lastigen britischen The-Bands wie The Arctic Monkeys oder The Kooks.

Das Cover des Albums „Hopes and Fears“ von Keane aus dem Jahr 2004.
Das Cover des Albums „Hopes and Fears“ von Keane aus dem Jahr 2004. © Island/Universal Music
Das Cover der Neuauflage des Albums unter dem Titel „Hopes and Fears 20“ aus dem Jahr 2024.
Das Cover der Neuauflage des Albums unter dem Titel „Hopes and Fears 20“ aus dem Jahr 2024. © Island/Universal Music

Jedoch: Die drei jungen Männer vom Land (East Sussex) sind keine unbedarften Neulinge im Musikgeschäft. Die Band gibt es seit 1995, sie kennen sich und musizieren gemeinsam seit frühester Jugend. Einzig der Erfolg lässt auf sich warten. Nur Monate vor dem unvorhersehbaren und unplanbaren Durchbruch versuchen sie über einen Freund auf dem Soundtrack des Films „Love actually“ („Tatsächlich Liebe“) unterzukommen, mit einem Lied gleichen Namens.

Album remastered und mit Bonusmaterial

Regisseur Richard Curtis mochte das Stück der damals unbekannten Band, fand aber keine Möglichkeit, den Song in seinen Film zu integrieren. Ein „schrecklicher Fehler“, wie er dem amerikanischen Rolling Stone jüngst verriet, den er bereits sechs Monate später bemerkte, als „Hopes and Fears“ auf Platz 1 der Charts stand.

Die Gruppe hat aktuell den Song erstmals veröffentlicht, für die Jubiläumsedition ihres Debüts unter dem Titel „Hopes and Fears 20“. Das remasterte Album erscheint einzeln sowie mit umfangreichem Bonusmaterial in unterschiedlichen Editionen etwa als farbiges Einzel- oder Doppel-Vinyl, als Dreifach-CD oder als limitiertes Box-Set mit allerhand Nippes fürs Fan-Herz wie Postkarten und Poster.

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Das Markenzeichen der Band sind neben Chaplins Stimme die Klavier- und Keyboardsounds, auf „Hopes and Fears“ dürfte es außer dem Bass keine Gitarre geben. Keane stehen damit in einer Reihe mit Rock’n’Roll-Traditionen brechenden Bands wie dem Ben Folds Trio, deren Punk-/Jazz-Ansatz ist ihnen allerdings fremd. Im Songwriting folgen sie Traditionslinien von Größen wie Elton John, Billy Joel oder Gilbert O’Sullivan.

Mehr als ein Hit auf „Hopes and Fears“

Auch wenn die Songs nicht ganz an die Klasse der Vorbilder heranreichen: „Somewhere only we know“ bleibt nicht der einzige Hit aus dem Debütalbum, auch „Everybodys changing“ und „This is the last Time“ finden ihr Publikum. Eine oft gehörte Kritik bleibt jedoch: Die Lieder transportieren einen gefühligen Gleichklang.

Dass die Band vor 20 Jahren trotzdem genug vorzeigbares Material vorweisen kann, zeigt die beeindruckende Sammlung an B-Seiten und Raritäten der Neuauflage. Auf einer dritten Scheibe der CD-Version gibt es zudem Demos, die das vollendete Frühstadium vieler Songs aufzeigt, aber eben auch ohne den symphonisch angehauchten Weichzeichner, sondern mit mehr Fokus auf elektronische Komponenten. Und lassen ahnen, was „Hopes and Fears“ mit einer anderen Produktion noch für einen Weg hätte einschlagen können.

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