Erfurt. In großen Teilen der Stadtpolitik scheint Erleichterung über den Wechsel an der Stadtspitze zu herrschen. Die Erwartungen an Andreas Horn sind groß.

Die politische Wechselstimmung in der Stadt, sie ist nach dem Wahlergebnis vom Sonntag nun auch offiziell erwiesen. Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) ist abgewählt worden – auch, weil es ihm nicht gelang, ausreichend Wähler aus dem linken Lager für sich zu gewinnen.

Mit Ausnahme der FDP hatte sich keine der im Stadtrat vertretenen Parteien und Wählerinitiativen für ihn ausgesprochen oder gar Wähler aufgefordert, ihm die Stimme in der Stichwahl zu geben. Im Gegenteil: Insbesondere aus Kreisen der Grünen und der Mehrwertstadt war im Vorfeld der Wahl deutliche Unzufriedenheit mit der Amtsführung Bauseweins zu hören, die Wählerintiative Mehrwertstadt warb unverblümt für einen Wechsel an der Stadtspitze.

Grüne hoffen auf Ende des Stillstands

Entsprechend positiv klingen die Reaktionen der Parteien auf die Wahl des Christdemokraten Andreas Horn. Für die Erfurter Bündnisgrünen ist sie logische Konsequenz eben jener Wechselstimmung. Sein Wahlsieg zeige zudem, „dass sich klare Kante gegen die AfD auszahlt“, zollen sie dem CDU-Mann zusätzlich Respekt. Sie erwarten von Horn Kooperationsbereitschaft und Verlässlichkeit. „Das ist das, was die Bürger*innen nach dem Stillstand der letzten Jahre erwarten“, heißt es in einer Mitteilung des Grünen-Kreisverbands.

Gleichwohl drücken sie dem scheidenden SPD-Oberbürgermeister gegenüber Anerkennung aus. Er habe 18 Jahre lang die Stadt geprägt und mit der „Grünen Clara“, der Stadtbahnlinie 9 und dem Modellprojekt Südost zuletzt Vorhaben auf den Weg gebracht, auf die aufgebaut werden müsse.

Mehrwertstadt fordert positive Führungskultur

Glückwünschen zur Wahl lässt die Wählerinitiative Mehrwertstadt eine Liste an Forderungen an den designierten Oberbürgermeister Andreas Horn folgen. Man erwarte von ihm eine positive Führungskultur und dass er sich zügig der Themen Personalgewinnung und Digitalisierung, Schulbau und Infrastruktur sowie Wohnungsbau und soziale Gerechtigkeit annehme. „Im Interesse aller Erfurter:innen sind wir daran interessiert, ihn bei der Umsetzung dieser und anderer wichtiger Punkte zu unterstützen“, teilt die Initiative mit.

Gemeinsamkeit in der Stadt stärken

Fast schon als Warnung lässt sich die Reaktion des Linke-Stadtverbands lesen. Auf Horn „liegen große Erwartungen“, analysiert die Partei. In der Bevölkerung habe sich viel Ärger angestaut. „Da geht es um Mangel an sozialem Wohnraum, um Lärmbelästigung, fehlende Rücksicht in der Nachbarschaft.“ OB und Parteien müssten diese Probleme aktiv bearbeiten, um „die Gemeinsamkeit in der Stadt wieder zu stärken.“

Auch der SPD-Kreisverband gratuliert Andreas Horn zur Wahl, auch wenn Cornelia Klisch, die Kreisvorsitzende, keinen Hehl daraus macht: „Ich habe mir einen anderen Wahlausgang gewünscht -- ganz klar!“ Horn übernehme „ein sehr gut bestelltes Feld“ von seinem Vorgänger, dem die Genossen danken, für seine Arbeit als Oberbürgermeister, aber auch für sein Engagement für die Sozialdemokratie.

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