Schöngleina. Saale-Holzland-Kreis: Obst ist nicht zur bissfest ein Genuss. Was das Obstgut bei Jena aus roten Holunderblüten macht.

Ein Fest unter freiem Himmel ist für jeden Veranstalter ein Risiko. Wer weiß, ob eine Laune der Natur nicht mittendrin die Besucher vertreibt – und Gastgeber bleiben auf vielen vorbereiteten Lebensmitteln sitzen. Dann lieber umgekehrt. Für den Besucheransturm reichte am Samstag zum Kirschfest auf dem Obstgut Triebe in Schöngleina die Fassbrause nicht. Davon wird die Unternehmerfamilie im kommenden Jahr mehr bestellen, versprach Elfi Triebe.

Trotz flimmernder Hitze fiel auf dem Obstgut zeitweise kein Apfel zur Erde. Schon kurz nach Beginn um 8 Uhr seien die ersten Besucher erschienen. 11 Uhr sei eine Spitzenzeit gewesen. Über die große Freifläche hatten die Veranstalter des Kirschfestes ein Tarnnetz gespannt, das die Hitze erträglicher machte. Die Besucher ließen sich vom Wetter aber nicht beirren und stellten sich tapfer nach Bratwurst und kühlen Getränken an.

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Wer gleichwohl kühlen Kopf bewahren wollte, hatte Gelegenheit, sich mit Sonnenhüten einzudecken. Mehr als 20 Händler boten ihre Waren an – die Vielfalt reichte von Honig über Softeis nach DDR-Rezept bis Schmuck. Kirschen wären in der Wärme verdorben, sie gab es in der großen Halle, wo man beim Brennen von Likör zuschauen durfte.

Hobby-Brenner Bernhard Koch ist der Herr über die wohlschmeckende Mischung aus Alkohol, Wasser und Aromen und vom kupfernen Kessel nicht wegzubringen. Ob er diesen auch selbst auf Hochglanz poliere? Koch schüttelt den Kopf. „Das ist bei uns Chefsache.“ Eine Besucherin, ehemalige Chemielaborantin aus Gera und jetzt Rentnerin, ist derart begeistert, dass sie am liebsten mitarbeiten würde.

Alleinstellungsmerkmal: Nach eigenen Angaben ist das Obstgut aus Schöngleina deutschlandweit der einzige Produzent dieses roten Holunderblütenlikörs. 
Alleinstellungsmerkmal: Nach eigenen Angaben ist das Obstgut aus Schöngleina deutschlandweit der einzige Produzent dieses roten Holunderblütenlikörs.  © Funke Medien Thüringen | Jana Scheiding

Während Koch Wissenswertes über den Brennvorgang erzählt, füllt er Probiergläschen mit einer roten Flüssigkeit. Einige Besucher wehren zunächst ab, doch schon nach der Geruchsprobe beraten sich Paare, wer auf dem Nachhauseweg das Auto steuern wird. Triebes „rotes Gold“ ist ein roter Holunderblütenlikör, gewonnen aus dem Duftholunder „Thundercloud“. Das Produkt habe Seltenheitswert, „unseres Wissens sind wir deutschlandweit die einzigen Produzenten dieses Likörs“, sagt Bernhard Koch und Lars Triebe bestätigt die Aussage.

Der Unternehmer freut sich über den Besucheransturm. „Ich glaube, dass wir einen neuen Rekord erreicht haben, unsere Erwartungen wurden übertroffen.“ Damit alles wie am Schnürchen läuft, wird die gesamte Familie eingespannt. Einige Mitglieder nahmen eine längere Autofahrt in Kauf, um der Verwandtschaft beim Kirschfest unter die Arme zu greifen.

Kirschfest im Holzlandkreis: Likör und Obstler bei Zimmertemperatur servieren

Bernhard Koch ist am Brenner inzwischen in der heißen Phase angelangt. Gleich wird er die ungenießbaren Stoffe vom guten Likör trennen. Ab 78,3 Grad Temperatur habe man es mit genießbarem Alkohol zu tun, erklärt er und erweitert seinen kleinen Vortrag um den Fakt, dass Frauen beim Verkosten eine bedeutend bessere Sensorik hätten als Männer.

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Dem roten Likör ist nicht anzumerken, dass bei seiner Produktion ein Mann die Hände im Spiel hatte. Die Verkostung läuft zunehmend besser. „Likör und Obstler“, betont Koch, „werden bei Zimmertemperatur serviert“. Dass es Menschen gibt, die diese Spirituosen vor dem Genuss ins Eisfach legen, könne er nicht begreifen.

(Nicht nur) zum Anbeißen: Obst schmeckt auch in flüssigem Aggregatszustand und eisgekühlt als Slush.
(Nicht nur) zum Anbeißen: Obst schmeckt auch in flüssigem Aggregatszustand und eisgekühlt als Slush. © Funke Medien Thüringen | Jana Scheiding

Auf dem Tisch präsentiert der Hobby-Brenner Äpfel und Birnen in einem schlangenähnlichen Behältnis. Gibt es für Obst noch andere Verarbeitungsmöglichkeiten als Saft und Likör? Lars Triebe reicht ein Birnenslush als Kostprobe – ein Gemisch aus einer festen und einer flüssigen Phase desselben Stoffes. Eine sensationelle Erfrischung bei über 30 Grad im Schatten.

Von den zwei jährlichen Hoffesten auf dem Obstgut steht das Apfelfest im Oktober noch bevor. Und wieder ruht alle Hoffnung auf möglichst gnädigem Wetter. „Sollte die Ernte verhagelt werden“, sagt Lars Triebe augenzwinkernd, „kann man immer noch Schnaps daraus machen“.