Berlin. Vögel, insbesondere Schwärme, können schlimme Unfälle mit Flugzeugen sowie Schäden verursachen. Warum der ideale Airport vogelfrei ist.

Zuletzt traf es Boeing: Vogelschlag. Die Piloten der Boeing 737 Max wurden alarmiert. Kollisionen mit Vögeln kommen vor. Sie können verheerend ausgehen, schlimmstenfalls mit einem Absturz. Der spektakulärste Vorfall wurde sogar verfilmt: Sully, benannt nach dem Piloten, der ein Flugzeug auf dem Hudson River in New York landete, eine Notwasserung nach Vogelschlag.

Im Jahr 2023 gab es allein im deutschen Luftraum 1779 Vorfälle, wie Christian Hellberg unserer Redaktion erklärte. Er ist Geschäftsführer des deutschen Verbandes für biologische Flugsicherheit DAVVL, der sich 60 Jahren um solche Unfälle kümmert. Alle deutschen Flughäfen, Airlines, die Bundeswehr, Flugzeughersteller und Pilotenvereinigungen gehören dem Verein an.

Über den Wolken mag die Freiheit grenzenlos sein, bei einer Flughöhe von bis zu 500 Metern jedenfalls noch nicht: Da kommen sich Flugzeuge und Vögel ins Gehege. Die heikle Phasen sind Start und Landung, am schlimmsten sind Kollisionen mit ganzen Schwärmen.

Flugzeuge kollidieren mit Vögeln: Sommer ist Crash-Zeit

Berlin, 22. Oktober 2022, 8.12 Uhr: Im Anflug kollidiert ein Jet mit Vögeln. Nach der Landung wird man auf der Piste über 40 Möwen finden. Am linken Hauptfahrwerk sind Hydraulikleitungen beschädigt, Öl läuft aus. Auch an beiden Triebwerken sowie am Fahrwerk entstanden Schäden.

Noch am Abend kann die Maschine wieder fliegen, die Besatzung hatte nicht mal etwas mitbekommen. So gehen die meisten Vorfälle aus: glimpflich, wenngleich teuer. Das Portal „Aero Report“ schätzt die Schäden auf jährlich zwei Milliarden Euro.

Zu den meisten Unfällen kommt es zwischen Mai und August. Kein Zufall, es ist die Kernphase der Brutzeit (März bis September). Jungvögel sind überproportional betroffen. Die älteren Tiere haben ihr Verhalten oft dem Flugverkehr angepasst. In den Wintermonaten sinkt die Zahl der Unfälle, jedenfalls in Deutschland. Viele Zugvögel sind dann im rSüden.

Schäden sind nach Gewichtsklasse der Vögel unterschiedlich

Die Luftfahrt-Branche versucht, die Vogelzüge zu erfassen. Auf der Homepage von DAVVL können die Piloten sie jeden Tag auf einer Karte mit Daten von der Bundeswehr verfolgen. Wenn sie frühzeitig wissen, wo gerade viele Vögel unterwegs sind, können die Piloten sich darauf einstellen: andere Route, steilerer Anstieg, weniger Geschwindigkeit.

Die überproportional größten Schäden verursachen die größeren, über 800 Gramm schweren Tiere: Enten, Bussarde, Schwäne, Gänse, Reiher. Kleinere und leichtere Vögel, die weniger als 100 Gramm wiegen, wiesen die geringste Schadensrate auf, Ammern, Sperlinge, Finken, Lerchen, Schwalben, Meisen. Die Statistik weist übrigens auch andere Tiere auf wie Hasen, Kaninchen, Rotfüchse.

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Die Schäden bei den Flugzeugen entstehen laut der Statistik eigentlich überall, an Triebwerk, Radarnase, Tragfläche, Fahrwerk, Frontscheibe, Lampen, Rumpf und Heck. Die Motorenhersteller testen eigens die Einschläge. Das Triebwerk darf bei einem Einschlag mit einem Vogel mit einem Gewicht von bis zu 4,5 Pfund (ca. 2 kg) nicht in Flammen aufgehen oder auseinanderbrechen. Und es muss laut den Vorschriften noch mindestens 14 Minuten lang mit reduzierter Leistung fliegen können, wie Hellberg erläutert.

Dass bei den jüngsten Vorfällen mit Maschinen des Typs Boeing 737-Max Rauch in die Passagierkabine eindrang, erklärte der Hersteller damit, dass in den konkreten Fällen die Vögel größer und schwerer als in Tests waren. Da die Frischluft über die Triebwerke kommt, riechen die Passagiere oft einen Einschlag; auch Rauch wird wohl angesaugt.

Airports sollten vogelfreie Zonen sein

Früher hat man eigens für die Tests Hühner gezüchtet, die getötet, verpackt und anschließend von einer „Hühnerkanone“ ins Triebwerk gejagt wurden. Heute benutzt man überwiegend Dummies, das Skelett kommt vom 3-Drucker, der Körper besteht aus Gelatine.

Die beste Strategie ist Vorbeugen: Schäden vermeiden. Die Airports versuchen alles zu vermeiden, das Vögel anlocken könnte. Also: keine Bäume, keine Büsche, keine Tümpel, keine Pflanzen, die Nahrung bieten, als Versteck dienen oder sich zum Nestbau eignen. Die natürlichen Feinde der Vögel werden gern angelockt, Füchse und Marder etwa.

Die Umgebung eines Flughafens wird ständig nach Vögeln „gescannt“. Wenn welche gefunden werden, steht ein ganzes Arsenal bereit, um sie zu vertreiben: Vogelscheuchen, Pyrotechnik, Laser, Knallgasexplosionen. Gelegentlich werden auch Falkner engagiert, die gezielt mit ihren Falken, Bussarden und Eulen das Gebiet bejagen. Flughäfen in Meeresnähe muss man besonders im Auge behalten, genauer gesagt: die Gänse und Möwen, die sich oft dort aufhalten.

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