Jena. Tag hat im internationalen Maßstab eine Welle des Aufbegehrens von Arbeitern und Angestellten eingeleitet. Jena bildet ein Zentrum der anschwellenden Massenproteste in Thüringen.

Die Stadt Jena erinnerte am Montag an die Ereignisse des 17. Juni 1953: „Die Erinnerung an den Volksaufstand prägte für die folgenden Jahrzehnte das Bewusstsein dieser Stadt, nicht offiziell seitens der DDR-Regierenden, doch in der Erinnerung der Menschen“, sagte OB Thomas Nitzsche (FDP) vor Interessierten, Schülerinnen und Schülern, Zeitzeugen und Vertreterinnen und Vertretern der Stadt sowie Stadtratsmitgliedern.

Bis zu 25.000 Demonstrierende auf dem Holzmarkt

Nitzsche erinnerte daran, dass Jena ein Zentrum der anschwellenden Massenproteste in Thüringen gebildet habe. So seien Arbeiterkolonnen diszipliniert und einheitlich vom Zeiss-Südwerk und aus dem Jenaer Glaswerk in der Otto-Schott-Straße zum Holzmarkt gezogen und hätten Sprechchöre wie: „Spitzbart, Bauch und Brille – sind nicht Volkes Wille!“ skandiert. Ihre demokratischen Forderungen nach Rücktritt der SED-Regierung, freien Wahlen und der Freilassung aller politischen Gefangenen erfüllten den öffentlichen Raum. Unter Mittag sollen sich bis zu 25.000 Demonstrierende auf dem Holzmarkt aufgehalten haben.

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Nach Verhängung des Ausnahmezustandes wurden mehrere hundert Demonstranten inhaftiert. Von ihnen erhielten 110 Angeklagte hohe Haftstrafen. Die Jenaer Belegschaftsvertreter Walter Scheler und Herbert Bähmisch wurden zu jeweils 25 Jahren Arbeitslager verurteilt. Den Schlosser Alfred Diener urteilte ein Sowjetisches Militärtribunal ohne Verteidigung im Schnellverfahren ab. Er wurde am 18. Juni 1953 in Weimar erschossen. Der Oberbürgermeister bezeichnete den 17. Juni als erste spontane Massenerhebung gegen die Ausbeutungs- und Unterdrückungsapparate in Ostmitteleuropa, die in einigen Großbetrieben – wie dem Jenaer Glaswerk – basisdemokratische Züge annahm.

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Eine Welle des Aufbegehrens von Arbeitern und Angestellten

Der Tag habe im internationalen Maßstab eine Welle des Aufbegehrens von Arbeitern und Angestellten eingeleitet, die sich über Polen und Ungarn 1956, Prag 1968, die Streikbewegung an der polnischen Ostseeküste im Dezember 1970, die Gründung der unabhängigen Gewerkschaft Solidarność  zehn Jahre später in Gdansk bis hin zum 9. Oktober 1989 auf dem Leipziger Ring erstreckt habe. „Zu Recht haben Matthias Domaschk und die aufgezählten Ereignisse hier am ,Denkmal an die politisch Verfolgten in der sowjetischen Besatzungszone und in der DDR zwischen 1945 und 1989‘ eine Inschrift auf einem der symbolischen Kartons erhalten“, so der OB abschließend.