Erfurt. Die Cocktails, mit denen sich Torsten Spuhn zu Titeln gemixt, gerührt und geschüttelt hat, sind ungezählt. Nun will der Erfurter seine Karriere mit dem Weltmeistertitel krönen.

Als Barkeeper hat Torsten Spuhn schon so viele Preise gewonnen, dass er sie kaum noch zählen kann. Jetzt wurde er im Wettstreit der Gilde der deutschen Barkeeper wieder zum Meister gekürt. In Deutschland ist der Chef des „Modern Masters“ in der Michaelisstraße damit unangefochtener Rekordmeister: Viermal wurde er schon bester Barkeeper bundesweit, auf maximal zwei Titel kommt mit Abstand die Konkurrenz. Doch ein Titel fehlt dem Erfurter noch: Ende Oktober dieses Jahres streckt er die Hände aus nach der Weltmeisterschaft, für die ihn sein jüngster Erfolg qualifiziert und das Ticket gelöst hat. Als Champion der Champions will er dann seiner Karriere ein Sahnehäubchen verpassen.

Auch einem „alten Hasen“ wie Spuhn werden die Erfolge nicht geschenkt. So verbucht er die Teilnahme an der alle zwei Jahre stattfindenden weltweiten „alkoholfreien“ Barkeeper-Meisterschaft in Karlsbad „als Erfahrung“. Angetreten war er mit einem modernen Drink, doch die Jury, deren Entscheidung schließlich immer subjektiv geprägt sei, bevorzugte Rezepte im New-Age-Stil – „und ich habe auf die falsche Karte gesetzt“, sagt der Erfurter selbstkritisch. Überhaupt könnten die vielen Preise und Meistertitel schnell zur Hypothek werden: Für ihn lägen Latte und Erwartungen oftmals höher, als bei einem Neuling im Wettbewerb.

Geschichte zum Drink bringt Punkte

2022 war Spuhn zuletzt in Kuba zur Weltmeisterschaft gestartet und gewann diesmal Gold mit seinem Sektcocktail, eine von sechs Kategorien im Wettbewerb. In den meisten davon hat er schon Titel ermixt, geschüttelt und gerührt. Für den Gesamtsieg reichte es damals aber nicht. Tagesform, Konkurrenz, Jury-Vorlieben – all dies bestimme über Erfolg oder Niederlage, hier zählten keine Meter oder Sekunden als eindeutig vergleichbares Element. Vielmehr geht es um Geschmack, Aroma, Aussehen und immer stärker auch die Story zum Drink.

Für Madeira, wo im Oktober 2024 die Weltmeisterschaft ausgetragen wird, hat sich Torsten Spuhn gut vorbereitet. So war er Beobachter der WM 2023, befand sich so quasi im Trainingslager. Er hält sich auch sonst über aktuelle Trends stets auf dem Laufenden. Auf der Weltkarte der Wettbewerbe hat er viele Kreuze. Indien, Brasilien, USA... Überall hat er sich schon mit anderen seiner Zunft gemessen. Nur Japan und Australien fehlen dem weltreisenden Barkeeper noch, auch wenn sich Zutaten besonders aus dem asiatischen Raum gern und oft in den von ihm kreierten Cocktails wiederfinden.

Torsten Spuhn ist bester Barkeeper Deutschlands. 
Torsten Spuhn ist bester Barkeeper Deutschlands.  © Jessica Barthen und Kim Freund | Jessica Barthen und Kim Freund

Die Zutaten für den Cocktail, der ihn zum Weltmeister machen soll, und die Kategorie, in der er antreten wird, stehen noch nicht fest: In den nächsten Wochen wird ihm mitgeteilt, welche Pflichtzutat es für ihn als deutschen Starter gibt. Dann steht auch die Sponsorenliste des Wettbewerbs fest: Bevorzugt Getränkeproduzenten, die ihre Spirituosen natürlich in den meisterlichen Drinks wiederfinden wollen. Neben dem einen, vorzubereitenden Drink gibt es noch die „Black Box“ im Wettbewerb: Innerhalb von 30 Minuten muss der Barkeeper aus einem festgelegten Warenkorb einen Drink erfinden, dazu einen Namen vergeben und eine Geschichte erzählen können. Eine Wettbewerbskategorie, vor der Torsten Spuhn dank langjähriger Erfahrung nicht bange ist. „Hier kann ich auf mein Wissen zurückgreifen, das Neulingen noch fehlt“, rechnet er sich gute Chancen dabei aus. „Man muss dabei vor allem auch seinen Gaumen im Griff haben, die verwendeten Mengen schnell skalieren können.“

Der meisterliche Sunshower von Torsten Spuhn.
Der meisterliche Sunshower von Torsten Spuhn. © Jessica Barthen und Kim Freund | Jessica Barthen und Kim Freund

Shiso, Yuzu und Vetiver gehören in den Drink

Deutscher Meister ist Spuhn jetzt mit seinem „Sunshower“ geworden. „Es geht um den Moment, in dem es regnet und gleichzeitig die Sonne scheint – vielleicht ein Regenbogen entsteht.“ Süße, Säure, Bitterkeit und salziger Geschmack sollen Gegensätze bilden, am Ende dann aber doch harmonieren. Seine Cocktailreise beginnt Spuhn dabei mit Cognac aus der französischen Region, fügt japanisches Shiso hinzu, das beim Erfurter Dachgemüse am Kontor geerntet wird. Weiter geht die Reise zur japanischen Zitrone Yuzu. Hinzu kommt Vetiver aus Indien, das man eigentlich eher aus Männerparfüm kennt.

„Dann machen wir einen Bogen ums Kap, nehmen Blitz und Donner mit – und Tequila aus Mexiko“, setzt Spuhn seine Cocktail-Reise fort, spricht von ledrigen Cognac-Noten, die sich mit erdigen Honignoten des Tequila verbinden. Zwei unterschiedliche Madeiraweine geben eine weitere, pflaumige Geschmacksnuance, ehe Mirabellen, Holunder, Jasmin und Amaro-Likör die Geschmacksexplosion vergrößern. Elf Zutaten sind es am Ende, die „den Zirkus im Mund komplett machen“, wie Erfurts Meister-Barkeeper sagt.

Nicht jedes Mal, wenn Torsten Spuhn einen neuen Preis und Titel gewinnt, kann er die Getränkekarte im „Modern Masters“ ändern, sagt er schmunzelnd. Das Siegergetränk von der Deutschen Meisterschaft aber wird wohl eher früher als später seinen Weg dorthin finden. Vielleicht dann – in einem glücklichen Rutsch – mit dem noch unbekannten Weltmeister-Cocktail 2024.

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