Berlin. Über Jahrtausende brachten winzige Parasiten Armeen und Reiche zu Fall. Forscher verfolgen erstmals ihren Weg durch die Geschichte.

Der größte Killer der Weltgeschichte ist nur ein paar Millionstel Meter groß. Malaria ist eine Tropenkrankheit, die sich für lange Zeit nicht nur auf warme Gegenden beschränkte. Selbst in Skandinavien fanden Wissenschaftler Spuren der Infektionskrankheit. Noch im 20. Jahrhundert starben 150 bis 300 Millionen Menschen, im Jahr 2022 infizierten sich laut WHO 250 Millionen Menschen mit den Erregern, von denen 608.000 Menschen starben.

Malaria-Parasiten sollen sich vor 2,5 bis 30 Millionen Jahren in Afrika gebildet haben und befielen bereits andere Menschenaffen, bevor sich der menschen-spezifische Strang herausbildete. Sie könnten für bis zu 50 bis 60 Milliarden Tote verantwortlich sein, wie eine Studie im Fachjournal „nature“ schätzte. Ein internationales Forschungsteam hat nun anhand von DNA-Analysen die Evolutionsgeschichte von Malaria in der Menschheitsgeschichte nachvollzogen.

So wurden bereits die Alten Ägypter und die antiken Römer Opfer des gefürchteten Fiebers. Unter der Leitung des Leipziger Max-Planck-Instituts untersuchten die Forscher auf welchem Weg der Erreger sich über die Kontinente ausbreitete. Dabei räumten sie mit alten Gewissheiten auf.

Malaria: Forscher finden Erreger in Zähnen von Skeletten

„Obwohl es heutzutage größtenteils eine tropische Krankheit ist, umspannte der Krankheitserreger noch vor einem Jahrhundert die halbe Welt, inklusive des Nordens der USA, Kanadas, Skandinaviens und Sibiriens“, sagt Hauptautorin Megan Michel in einem Statement. Dabei habe sich Malaria über die Jahrtausende in unser Genom eingeschrieben. „Genetische Varianten, die verantwortlich sind für verheerende Blutstörungen wie die Sichelzellanämie, könnten in menschlichen Populationen überlebt haben, weil sie eine Teil-Resistenz gegen Malaria-Infektionen verleihen“, so Michel.

Die Herkunft von zwei der tödlichsten Arten der Malaria-Parasiten, Plasmodium falciparum und Plasmodium vivax, blieb dabei lange im Dunkeln. Weil Malaria-Infektionen keine Spuren in menschlichen Skeletten hinterlassen und historische Texte unzuverlässig seien, eröffneten sich den Forschern erst mit modernen DNA-Analysen neue Möglichkeiten. So fanden die Forscher in menschlichen Zähnen die DNA-Spuren der Krankheitserreger.

Malaria wird durch mehrere einzellige Parasiten verursacht, die sich durch den Stich infizierter Mücken auf den Menschen übertragen. Auch heute lebt noch die Hälfte der Weltbevölkerung in Gebieten, in denen ein Risiko an Malaria zu erkranken besteht, heißt es in dem Statement des Max-Planck-Instituts. Durch den Klimawandel und wärmere Temperaturen könnten die Parasiten sich auch in Deutschland festsetzen, warnen Experten.

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Versklavung, Krieg und Malaria waren Treiber immenser Zerstörung

Mit ihrer Forschung konnten die Wissenschaftler den Weg der Parasiten nachverfolgen. Dabei machten sie vor allem Handel, Krieg und Kolonialismus als Treiber von Malaria aus.

So bewiesen sie beispielsweise anhand eines Toten aus Peru, dass der Malaria-Strang P. vivax in Amerika erst mit den europäischen Eroberern verbreitet wurde und nicht schon vorher über die Bering-Straße auf die Kontinente gelangt war. „Durch die Effekte von Krieg, Versklavung und Bevölkerungsvertreibung verstärkt, verwüsteten Infektionskrankheiten wie Malaria die indigenen Völker Amerikas während der Kolonialzeit“, erklärt die Co-Autorin Evelyn Guevera die Ergebnisse. Demnach stiegen die Sterblichkeitsraten in einigen Gebieten auf bis zu 90 Prozent.

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Reisende tragen heute Malaria per Flugreise in nicht-tropische Regionen

Doch auch in Europa waren Kriege einer der Hauptgründe für die Verbreitung von Malaria. So konnten die Forscher anhand von Skeletten eines Militärfriedhofs in Belgien nachvollziehen, wie die Parasiten sich durch Söldner aus Norditalien, Spanien und anderen Mittelmeerregionen ausbreitete. Die Soldaten kämpften wahrscheinlich während des Achtzigjährigen Krieges im 16. und 17. Jahrhundert für die Habsburger Armee.

„Wir stellen fest, dass die groß angelegten Truppenbewegungen dieser Zeit eine wichtige Rolle bei der Ausbreitung der Malaria spielten“, erklärt Alexander Herbig vom Max-Planck-Institut. Ähnliche Effekte gebe es auch noch heute: „In unserer globalen Welt tragen infizierte Reisende Plasmodium-Parasiten (Malaria) in Regionen zurück, in denen Malaria eigentlich ausgerottet ist“, sagt Herbig. Obwohl die Situation von Malaria-Infektionen heute in Europa radikal anders als noch vor 500 Jahren sei, gebe es Parallelen. So prägen die Arten menschlicher Mobilität das Malaria-Risiko auch in unserer Zeit.

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